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Die Zukunft der Kliniken im Kreis Pinneberg

Vom Gesundheitswesen zur Gesundheitswirtschaft

Das Gesundheitswesen – einst ein wichtiger Teil des Sozialsystems dieses Landes – wurde zur Gesundheitswirtschaft gemacht und damit den Gesetzen der Marktwirtschaft ausgeliefert. Das gilt natürlich auch für die mehrheitlich dem Sana-Konzern gehörenden Regio Kliniken. Allein die vier größten privaten Krankenhausträger – Helios, Asklepios, Sana und Rhön – verbuchen jährlich mehr als 1,5 Milliarden Euro Gewinne aus den Beiträgen der Krankenversicherten. Wenn die Renditeansprüche der Aktionäre erfüllt werden müssen, bleibt kein Raum für gute Beschäftigung – der Pflegenotstand lässt grüßen. 

Dieser Marktlogik muss auch der Sana Konzern entsprechen, zu dem die Regio Kliniken mehrheitlich gehören. Deshalb wurde 2017 z.B. das Altenheim in Kummerfeld geschlossen. Es war „defizitär“. Zudem ist die Zukunft des zu den Regio Kliniken gehörenden Pflegeheimes „Haus Elbmarsch“ noch immer nicht gesichert. Auch die Ausgliederung der Servicekräfte in eigenständige Unternehmen unterliegt dieser Marktlogik. Es geht darum, diese Beschäftigten aus dem für die Klinik geltenden Tarifvertrag rauszudrängen, um Personalkosten zu sparen und die Rendite zu erhöhen. Mit Verweis auf die sich verschärfenden finanziellen Rahmenbedingungen im Gesundheitswesen wurden die Wedeler Klinik seit 2012 sukzessive und 2019 ganz geschlossen. 

Von der Gesundheitswirtschaft zurück zum Gesundheitswesen

Als LINKE stehen wir grundsätzlich für ein solidarisches, gerechtes und barrierefreies Gesundheitssystem, in dem die Versorgung der Patient:innen im Mittelpunkt steht. Gesundheit darf nicht weiter zu einem Markt(platz) verkommen, auf dem die Profite wichtiger sind als die Menschen. Gesundheit als Teil des Sozialstaats muss zwingend öffentlich organisiert werden, statt immer weiter zu privatisieren. Wir sind der festen Überzeugung, dass die Ökonomisierung des Gesundheitswesens nicht nur einer guten und vor allem diskriminierungsfreien Versorgung, sondern auch guten Arbeitsbedingungen der Beschäftigten, entgegensteht.

Als Partei DIE LINKE waren wir im Kreis Pinneberg Teil einer breiten Initiative von Gewerkschaften, Parteien und Einzelpersönlichkeiten, die seinerzeit gegen die Privatisierung gekämpft hat. An unserer grundsätzlichen Ablehnung der Privatisierung der Gesundheitsversorgung hat sich in all den Jahren nichts geändert! Wir fordern nach wie vor die Rekommunalisierung der Regio-Kliniken.

In der aktuellen Situation …

Da wir aber auf der kommunalen Ebene schlecht bundespolitische Rahmenbedingungen wie Fallpauschalen, Kostendruck und Arbeitsverdichtung verändern können, müssen wir neben den genannten langfristigen Zielen einen Umgang mit den Realitäten vor Ort finden. Nach den vorläufigen Erkenntnissen der Kreisfraktion der Partei DIE LINKE wird auch die Sperrminorität des Kreises der Idee des Neubaus sowie der Schließung der vorhandenen Krankenhäuser nicht entgegenstehen können, ohne dass sich der Kreis Pinneberg möglicherweise Schadensersatzforderungen gegenüber dem Sana Konzern als Mehrheitseigner erwehren muss. Hier erwartet die Fraktion weitergehende Informationen auf der am 06.10. stattfindenden außerordentlichen Sitzung des Hauptausschusses. 

Bekanntlich begrüßen Beschäftigte, Betriebsrat und die zuständige Gewerkschaft Ver.di den Plan, ein neues Klinikum zu bauen und die alten Kliniken zu schließen. Wir hoffen dabei, dass sich die Versprechungen der Geschäftsführung der Regio Kliniken auf eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen erfüllen werden und nicht wie üblich, eine Zusammenlegung genutzt wird, Prozesse dahingehend zu straffen, um freie Stellen aus Renditegründen nicht weiter zu besetzen bzw. zu streichen. Der Kreis muss sich dafür einsetzen, dass die regionalen Serviceunternehmen wieder in die Regio Kliniken integriert werden. 

Regionale Versorgungszentren müssen her

Unabhängig von der Verbesserung der Arbeitsbedingungen für die Beschäftigten, muss mehr für eine wohnortnahe Gesundheitsversorgung getan werden. Da die sogenannten MVZs (Medizinische Versorgungszentren) als Teil der Regio Kliniken ebenfalls der Marktlogik unterliegen, bieten sie lediglich ambulante Leistungen für Orthopädie, Gefäßchirurgie, Gastroenterologie, Gynäkologie und Geburtshilfe.

Voraussetzung für eine gute gesundheitliche Versorgung sind: Wohnortnähe und Erreichbarkeit mit ÖPNV, kurze Wartezeiten auf einen Termin und eine gute Notfallversorgung, Barrierefreiheit und Altersgerechtigkeit.

Deshalb schlägt DIE LINKE die Schaffung von Regionalen Versorgungszentren (RVZ) vor. Sie sollen sowohl ambulante als auch akutstationäre, notfallmedizinische, psychotherapeutische, (gemeinde-)pflegerische und weitere therapeutische Behandlungen in einer Region koordinieren und als zentrale Anlaufstelle für alle Patient:innen dienen. So wollen wir eine Versorgung aus einer Hand und ein berufsübergreifendes Arbeiten mit familienfreundlichen Arbeitszeiten fördern. Die regionalen Gesundheitszentren bilden wichtige Schnittstellen zu anderen Versorgungsbereichen wie Jugendhilfe, Eingliederungshilfe, Suchthilfe und weiteren Angeboten. Sie sollen auch präventiv und gemeinwesenorientiert arbeiten, gerade in Bezug auf die sozialen, ökonomischen und ökologischen Voraussetzungen von Gesundheit.

Konzepte für die Nachnutzung der Gebäude entwickeln

Eines der wichtigsten Aspekte ist die Nachnutzung der Gebäude, für die es anscheinend bis dato keine wirklichen Konzepte gibt. Hier muss der Kreis aktiv werden und mit den betroffenen Städten nach Lösungen suchen. Da der Kreis Pinneberg Mitgesellschafter ist und auch eine Verantwortung gegenüber den nun von der Schließung der Kliniken bedrohten Städte hat, muss er alles in seiner Macht Stehende tun, um die Auswirkungen abzufedern. In Elmshorn wäre ein Ausbau und Anbau für die Kinder- und Jugendpsychiatrie denkbar sowie die weitere Nachnutzung für Pflegeeinrichtungen. In Pinneberg könnten die Gebäude u.a. zur Schaffung von neuem Sozial- und Wohnraum genutzt werden. 

Grundsätzlich muss der Kreis Pinneberg aber zeitnah prüfen, welche Gesundheitsversorgung im Kreisgebiet konkret benötigt wird. Nur auf dieser Basis kann entschieden werden, was auf der grünen Wiese in welchem Ausmaß gebaut werden sollte. 

Nicht zu vergessen ist dabei, dass der neue Standort optimal mit dem ÖPNV und absolut barrierefrei zu erreichen sein muss. Das ist der Kreis den Patient:innen und ihren Angehörigen schuldig.