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Preisexplosionen stoppen – Ärmere entlasten

DIE LINKE im Kreistag ruft auf, gemeinsam zu verhindern, dass diesen Winter Menschen ohne Heizung oder Strom auskommen müssen

Mit Schaudern stelle ich mir vor, wie eine alleinerziehende Mutter mit Verkäuferinnengehalt abends am Tisch sitzt und rechnet und rechnet, nachdem sie die Ankündigung ihres Strom- und Gasversorgers zu den Preisen ab 1. Januar gelesen hat. Die Stadtwerke Pinneberg z.B. sprechen von einer Verviereinhalbfachung des Gaspreises und Verdopplung der Bereitstellungskosten. Aus 80 Euro werden dann 360 Euro Abschlag. Dazu kommt eine Erhöhung der Strompreise auf 58 Cent pro kwh. Einmalhilfen und Erhöhung des Mietzuschusses werden nichts daran ändern, sie weiss, dass kann ich nicht bezahlen. Nun korrigieren sich die Weltmarktpreise bereits nach unten, so dass es vielleicht nicht so schlimm kommt wie befürchtet Aber dennoch bleibt die Tatsache, dass Inflation und Preiserhöhungen für lebensnotwendige Güter wie Strom und Heizen, auch wenn sie geringer ausfallen, als angekündigt,  viele Familien, aber auch Alleinstehende und Paare in Schulden treiben. Niemand hier kann ein Interesse daran haben, dass sich diese alleinerziehende Frau überlegt, mit Arbeitslosengeld II, allgemein bekannt als Hartz4 oder demnächst Bürgergeld weniger Sorgen hat.

Mieter- und Sozialverbände, Gewerkschaften, Unternehmervereinigungen und Kammern warnen seit Wochen vor diesen Folgen der Energiekrise und fordern schnellere und gezieltere Hilfen für all jene, die dieser Entwicklung nicht gewachsen sind. Eine erste Folge ist die Ankündigung der Strompreisbremse bereits für Januar, allerdings berücksichtigt auch sie die sozialen Kriterien nicht. 

Doch zur Lage im Kreis. Das Durchschnittseinkommen im Kreis Pinneberg lag vor der Pandemie bei gut 44.000 Euro, das Medianeinkommen pro Kopf bei 30.758 oder 2563 Euro im Monat. Die Hälfte aller Beschäftigten verdient folglich weniger als 2.500 Euro. Die durchschnittliche Bruttorente lag im Kreis mit 1660 Euro zwar über dem Landesdurchschnitt, bei den Renten zeigt sich aber auch eine starke Spreizung nach Geschlecht, denn Rentnerinnen kommen im Kreis nur auf 767 Euro Durchschnittsrente. Vielen Rentnerinnen und Rentnern wird wohl nichts anderes übrig bleiben, als die verstärkt angebotenen Teilverkauf- oder Hausrentenangebote anzunehmen. Ihre Hochglanzwerbung verspricht natürlich größeren Freiraum für die schönen Dinge des Lebens wie Reisen oder auch einen Kleinsttraktor für den Garten.

Auch mittelständische und kleine Unternehmen sehen sich Belastungen gegenüber, die ihnen den Weiterbetrieb unmöglich machen. Dies gilt insbesondere für Unternehmen, die energieintensiv betrieben werden müssen, wie Bäckereien, aber auch ein kleiner Laden kann durch die steigenden Heiz-  und Stromkosten an den Rand des Bankrotts gedrängt werden. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass viele Unternehmen im Einzelhandel oder der Gastronomie bereits in den Lockdownzeiten der Coronapandemie stark belastet waren und viele Unternehmer auf geschäftliche und private Rücklagen zurückgriffen, die ihnen jetzt fehlen, um steigende Kosten zu schultern. Da ist einfach nichts mehr da. Für viele ist die geplante Übergangszeit bis zum Gaspreisdeckel im März vor diesem Hintergrund zu lang.

Wir alle können ja nicht wollen, dass Menschen in die Privatinsolvenz oder die Betriebsaufgabe gedrängt werden und haben nun die Aufgabe zu überlegen, wie wir die Zeit bis zum Greifen von allgemeinen Entlastungen wie Strom- und Gaspreisbremsen für die Menschen im Kreis erträglich machen. Kreis (und Gemeinden natürlich) müsssen auf alle verfügbaren Hilfen aufmerksam machen, die Menschen mit niedrigen Einkommen in Anspruch nehmen können. Mit dem Wohngeld plus haben mehr Mieter und Mieterinnen Anspruch auf Zuschüsse zur Miete und Eigentümer und Eigentümerinnen auf einen Lastenzuschuss. Wer absehen kann, dass die Heizkostenrechnungen in den nächsten Monaten nur mit Schulden zu bezahlen sind, sollte jetzt zur Schuldnerberatung gehen, die Fachleute dort können helfen, den Schuldenbetrag kleiner zu halten.

Was kann der Kreis tun, um zu verhindern, dass diesen Winter Menschen ohne Heizung oder Strom auskommen müssen?

Wünschenswert wäre es, wenn es präventiv die Möglichkeit gäbe, Menschen auf diese individuell aufmerksam zu machen, z.B.seitens des Finanzamts oder der Rentenkassen. So bleibt uns nur die Möglichkeit, die Öffentlichkeitsarbeit des Kreises für diese Zwecke einzusetzen. Zu Corona hat der Kreis mit einem eigenen Button auf der Website des Kreises auf die Lage im Kreis, Impfmöglichkeiten und Verhaltensregeln aufmerksam gemacht. Ein solcher Button mit den Informationen zu Hilfsmöglichkeiten für Menschen in Geldnöten aufgrund der Energiekrise ist dringend notwendig. Hier könnten Adressen zur Beantragung von Wohngeld plus oder von Schuldnerberatungen verlinkt werden. Auch für Bildung und Teilhabe sollte hier geworben werden.

Wir schlagen vor, zu prüfen, wie der Kreis oder ein Verbund aus Kreis und Gemeinden für diesen Winter Gas- und Stromsperren verhindern kann.

Auch soziale Einrichtungen leiden unter den enormen Preissteigerungen für Energie. Eine Kita muss nun mal beheizt werden, so auch Frauenhäuser und Sportlerheime. Wir unterstützen daher die Intention des Antrages der SPD für einen Notfallfonds des Kreises Pinneberg zur Entlastung von kriegs-, energiepreis- und coronabedingten finanziellen Notlagen, sind aber der Meinung, dass dieser Antrag im Fachausschuss SGGS beraten werden sollte. Die Verwaltung hat ebenfalls bereits Vorschläge für eine Reaktion des Kreises auf die Preissteigerungen für Energie gemacht. Im SGGS wäre der Platz, diese Ideen zur Hilfe im Kreis zusammenzubringen und zu diskutieren und entsprechende Maßnahmen zur Beschlussreife zu bringen.

Wir dürfen auch in diesen Zeiten die ärmsten der Armen nicht vergessen. Auch im Kreis Pinneberg gibt es Obdach- oder Wohnungslose, die im Winter beheizte Aufenthaltsräume oder Unterkunft brauchen. Auch diese Mehrkosten müssen aufgebracht werden.

In Zukunft wäre es wünschenswert, wenn die öffentliche Hand, Kreis und Gemeinden, mehr Gestaltungsmöglichkeiten hätten, um Mieten und andere Belastungen kleiner zu halten. Aus diesem Grund werden wir einen Antrag zur Prüfung der Errichtung einer kreiseigenen Wohnungsbaugesellschaft stellen. Denn auch die steigenden Mieten machen das Leben für alle mit niedrigen Einkommen zu einem ständigen Jonglieren, wie sie ihr Budget auf das Lebensnotwendige verteilen sollen.

Marianne Kolter zur „Aktuellen Stunde“ im Kreistag, 26. Oktober 2022. Es gilt das gesprochene Wort.