LINKE und Piraten fordern glyphosatfreien Kreis Pinneberg
Statt dass Bund und Land Konzepte zur Unterstützung landwirtschaftlicher Betriebe bei klima- und bodenschützenden Anbaumethoden ohne Glyphosateinsatz vorlegen, wurde das Totalherbizid Glyphosat für weitere fünf Jahre zugelassen. Deutschland hätte nicht zustimmen und sich der Stimme enthalten müssen. Der aus Bayern stammende, geschäftsführende Minister für Ernährung und Landwirtschaft Christian Schmidt (CSU) und die ebenfalls nur noch geschäftsführende Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) waren sich nämlich nicht einig. Gedeckt durch die CSU-Spitze setzte Schmidt sich jedoch über Hendricks hinweg und sorgte für eine weitere Verwendung von Glyphosat.
Wo sich einzelne Politiker auf Bundesebene über getroffene Absprachen hinwegsetzen, muss die Kommunalpolitik Verantwortung übernehmen.
Die Fraktion der LINKE und Piraten im Pinneberger Kreistag hat daher einen „Glyphosat-Antrag“ eingebracht: ,,Der Kreis stellt sicher, dass in Zukunft keine Substanzen, die Glyphosat enthalten, zur Bekämpfung sogenannter ,Unkräuter‘ im Kreis Pinneberg auf kreiseigenen, vom Kreis oder kreiseigenen Unternehmen genutzten Flächen eigesetzt werden“, heißt es in dem Antrag. Und weiter: ,,Der Kreis Pinneberg nimmt an dieser Stelle eine Vorbildfunktion gegenüber den Gemeinden, Gärtnereien, Baumschulen und der Landwirtschaft, aber auch für viele Privatleute ein: Der Kreis Pinneberg macht mit diesem Beschluss zugleich aktiv auf die schädlichen Folgen der Verwendung von Pestiziden, Herbiziden und speziell von Glyphosat aufmerksam.“
Glyphosat ist eine chemische Verbindung aus der Gruppe der Phosphonate. Es ist die biologisch wirksamste Hauptkomponente vieler Breitband- bzw. Totalherbizide und wurde in der zweiten Hälfte der 1970er Jahre von dem Konzern Monsanto als Wirkstoff zur Unkrautbekämpfung unter dem Namen Roundup auf den Markt gebracht. Weltweit ist es seit mehreren Jahren der mengenmäßig bedeutendste Inhaltsstoff von Herbiziden. Heute ist Glyphosat das mit Abstand am meisten eingesetzte Pestizid. Der Einsatz von Glyphosat hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt, wie die Studie des Pestizidforschers Benbrook et al., aus dem Jahre 2016 deutlich macht.
In Deutschland kaufen Landwirte pro Jahr rund 6000 Tonnen an Glyphosat-Pflanzenschutzmitteln. Das Glyphosat allerdings für die meisten Pflanzen eher ein Pflanzentöter als ein Schutzmittel ist, wird häufig nicht thematisiert. Die Entscheidung, Glyphosat weitere fünf Jahre auf europäischer Ebene zuzulassen, dürfte für Genugtuung bei BAYER in Leverkusen und anderen Chemie-Unternehmen, wie z.B. BASF sorgen. Allerdings ist diese aus zwei elementaren Gründen obskur:
Staatlichen Institutionen zufolge sei die Giftigkeit von Glyphosat für Tiere (Säugetiere, Vögel, Fische, und Wirbellose) gering, da das gehemmte Enzym EPSPS nur bei Pflanzen, Pilzen und Mikroorganismen vorhanden sei. Jedoch gab es in Deutschland in den vergangenen Jahren ein unerklärbares, vermehrtes Rindersterben und eine deutlich erhöhte Anzahl von erkrankten Landwirten. Das gerade diese einen häufigen Kontakt zu dem von dem IARC (Internationalen Krebsforschungszentrum) als „wahrscheinlich krebserregend“ eingestuften Glyphosat hatten, ist unabstreitbar.
Des Weiteren wird der Lebensraum für Mikroorganismen, wie Würmer und Insekten vernichtet. Letztere wiederum sind die Hauptnahrung für Vögel, Kleinsäuger, Reptilien und Amphibien. Die biologische Vielfalt in unseren Landschaften nimmt mit dem Einsatz von Glyphosat drastisch ab. Bereits jetzt stehen 30 Prozent aller Vögel der Agrarlandschaft auf der roten Liste der bestandsbedrohten Arten. Hier gilt es schleunigst die Notbremse zu ziehen, um eine weitere Bedrohung dieser Tiere zu beenden.
Die Fraktion LINKE und Piraten wirbt daher auch bei den anderen Fraktionen im Kreistag darum, den Antrag gemeinsam parteiübergreifend zu stellen. Denn es gilt, wenn auch verspätet, Vernunft und langfristiges Denken an den Tag zu legen und wirtschaftliche Interessen nicht erneut über die Gesundheit von Menschen und den Erhalt von tierischem und pflanzlichem Lebensraum zu stellen.
Maxi D. DIE LINKE Kreisverband Pinneberg
Erstveröffentlichung: Gegenwind,